Das sonnige und trockene Wetter hält auf der Alpensüdseite an, und so machen wir uns am 25. Januar 2022 nochmals auf ins Tessin. Nach langer Fahrt starten wir unsere Tour in Gresso im Valle di Vergeletto. Der Hochnebel, der über dem Tessin liegt, staut sich am Taleingang und auch der starke Dunst zieht erst im Verlauf des Tages ins Tal hinein, da sind wir aber schon längst weit oberhalb dessen Obergrenze unterwegs. Wir steigen erst – bei ziemlicher Kälte und im Schatten – ab nach Vergeletto und kommen dort zum Glück bereits in die Sonne, die uns ab hier von einem makellos blauen Himmel scheinend erwärmt. Der Aufstieg via Ca Nova, Piano und Costa Camana zur Alpe di Remiasco hat es in sich. Er ist steil, der Weg – häufig kaum sichtbar oder in gelegentlich offenerem Gelände von Wildschweinen umgepflügt – ist dick mit Buchenlaub bedeckt, so dass wir recht mühsame und kräftezehrend aufsteigen. Hingegen finden sich immer mal wieder weiss-rote Markierungen, so dass wir ihn jedenfalls nie verlieren. Das wäre auch nicht so lustig hier in diesem doch recht stotzigen Gelände. Auf etwa 1700 Meter Höhe beginn nun ein etwas weniger steiles Stück, so dass wir in nur noch mässiger Steigung zur Alpe di Remiasco laufen. Inzwischen haben Lärchen die Buchen abgelöst, so dass wir auch nicht mehr so tief durchs Laub waten. Auf der Alp – es ist erstaunlich warm für Januar – machen wir einen ersten Rast und geniessen im Windschatten die wärmende Sonne. Ab hier folgt ein kurzes Stück durch den Schnee, der aber recht gut trägt und gleichzeitig trittig genug ist, so dass auch Paul nicht herumrutscht und seine Eisen im Rucksack bleiben können. Unser Ziel wäre eigentlich der Pizzo della Bassa. Aber wir sehen, dass auch der Pizzo Cramalina praktisch schneefrei zu erreichen wäre, und so verlassen wir kurz bevor wir den Rio di Vergeletto traversieren, den Weg und laufen weglos über das hier wenig steile Gelände, bis wir auf knapp 1900 Meter den neu gemachten Weg erreichen, der uns ostwärts unter dem Cramalina durchführt. Gelegentlich verlassen wir ihn und steigen – uns durch recht dichte Alpenrosenbestände schlängelnd – direkt zum auf den Gipfel führenden Rücken auf, der uns nun unschwierig zum Pizzo Cramalina hoch leitet. Eigentlich ist es ja noch gar nicht so lange her, da waren wir schon hier oben, nämlich auf einer Tour Ende November 2020. Die prächtige Aussicht geniessen wir aber nur kurz, denn hier bläst der Nordwind doch recht stark und kühlt uns – obwohl er für Januar erstaunlich warm ist – so sehr aus, dass wir nur für einen kurzen Fotohalt auf dem Gipfel bleiben, bevor wir uns gleich wieder an den Abstieg machen. Zwischen der Alpe di Lago (der Lago ist steifbein gefroren und liegt noch unter Schnee) und dem Punk 1833 müssen wir in sehr steilem Gelände im Schnee traversieren. Hätte es nicht schon eine Spur eines offensichtlich Ortskundigen, müssten wir hier umdrehen. Aber auch so ist es recht mühsam und manchmal auch nicht ganz ungefährlich. Wir erreichen aber die Alpe Bassa unbeschadet und sind in hurtigem Abstieg bald schon wieder zurück beim Auto, wo es massiv kühler ist, als noch in der Höhe. Eine herrliche Tour mit ein paar abenteuerlichen Einlagen und für Januar erstaunlich wenig Schnee!